Ich winde mich um deinen Schoß und Busen – Herder und die Liebe

Vortrag von Dr. Egon Freitag am 10. Oktober 2023

Er bezeichnete sich selbst als einen erotischen Menschen, verfasste somit auch erotische Texte. Er lernte die aus dem Elsaß stammende Caroline Flachsland kennen Sie hatte in Herders Straßburger Zeit 1770 eine Predigt von ihm gehört. Dieses Zusammentreffen erschien als Gottes Wille. Beide lasen Gedichte von Klopstock. Er nante sie Engel in mehrfachen Variationen, wie Unschuldsengel, Frühlings- und Unschuldsblume. Er nannte sie oft auch Lina. Die Eheschließung bedurfte einiger Formalitäten, so musste sie einen notariell beglaubigten Taufschein beschaffen oder ihm das Original zuschicken. Das Ehebett für die Flitterwochen sollte sie selbst besorgen, sie führte detailliert auf, was hierzu an Wolle, Federn etc. benötigt wurde. Dieses Liebeslager wurde ganz genau geplant.

Am 2. Mai 1773 fand in Darmstadt die Hochzeit statt, Goethe war zugegen. Die Hochzeitsreise führte auch nach Frankfurt/Main, wo das Paar Goethes Eltern kennenlernte. Herder brachte allerdings auch 600 Gulden Schulden in die Ehe. Dennoch begann eine glückliche Zeit. Für ihn war Caroline ein schwebender Engel in dieser Welt.

Nach seiner Auffassung war der Geschlechtstrieb der mächtigste. 1776 begrüßte Wieland das Paar in Weimar, Goethe war mit dem Herzog gerade auf der Jagd. Goethe kam den Tag darauf zur Begrüßung.

Letztlich hatte die Familie acht Kinder, sieben Söhne und eine Tochter. Die Haushaltsführung war schwierig, stets schwebte man in Geldsorgen. Caroline erwies sich als eine ebenbürtige Partnerin. Gleim schätzte ihre Mitarbeit. Aber es gab mitunter auch Streit. Dann wechselten vom Dienstboten gebrachte Briefe von der unteren zur oberen Etage. Schließlich fiel ihr Herder um den Hals, und aller Streit fand sein Ende. Beide lebten immer über ihre Verhältnisse. Der Haushalt, die Kinder und Bücher verschlangen viel Geld. Herzog und Herzogin halfen, Goetha auch und Wieland, schließlich gewährte der Herzog eine zusätzliche Zahlung über 300 Taler pro Jahr. Aber auch dies reichte nicht. Herder gab seine „Lieder der Liebe“ heraus. Er verherrlichte die Nacktheit als griechisches Ideal. Das beste Kleid sei nur ein Hindernis wandte er sich gegen Prüderie und „einpressende Klosterlumpen“. Die Griechen seien hingegen zur Freude und Lust geboren. „Ich will nicht umsonst ein Mann sein“, bekundete er. An sich war er ein treuer Ehemann, doch dies wurde 1778 auf eine ernste Probe gestellt. Er verliebte sich in die elf Jahre jüngere Friederike Schaardt. Sie langweilte sich in Weimar, kam oft ins Pfarrhaus, die 22-Jährige erwies sich als geistreich, zierlich, anziehend. Sie war Mitarbeiterin am Tiefurter Journal und wirkte ebenso am Liebhabertheater mit. Seine Leidenschaft konnte Herder nur mühsam zurückhalten, letztlich geriet das Ganze zu einer idealischen Seelenliebe. Somit war seine Ehe nicht gefährdet. Allerdings, auf einer Reise im Harz 1783, wollte er sie heimlich treffen. Dies gelang in Blankenburg.

Herder versuchte, seine Frau an dieser Freundschaft teilhaben zu lassen. Caroline ließ sich darauf ein.

Herder trat eine große Italienreise an. Im Vatikan wurde er als Bischof von Weimar vorgestellt. Ein Abt meinte zu ihm: „Wie kann ein Geistlicher seine Frau so lange ohne Aufsicht und Weide lassen?“ Herders Antwort: „In Deutschland haben wir zum Glück die Stallfütterung eingeführt.“

Er lernte auch die berühmte Malerin Angelica Kaufmann kennen. Beide waren sich sympathisch. Herder besuchte die Museen des Vatikans, bewunderte die von Fackeln beleuchteten, wunderbare Schattenspiele erzeugenden Skulpturen von Venus, Diana und Jupiter, Er erlebte somit die Einheit harmonsichen Lebens auch von Menschen, sein Credo: Licht, Liebe und Leben.